Nach eigenen Jugenderinnerungen schuf Fellini eine subtile Kleinstadtsatire, die den italienischen Neorealismus um eine neue Dimension bereicherte.
Fünf junge Leute haben sich in dem klein- städtischen italienischen Badeort Pesaro an der Adria daran gewöhnt, ihre Tage mit Nichtstun zu verbringen. Sie liegen ihren Eltern und Verwandten auf der Tasche und schlagen die Zeit mit kindischen Reden und albernen Streichen tot. Alberto ist auf seine Mutter fixiert, Riccardo pflegt seinen Bauch, Leopoldo fühlt sich als verkanntes Genie, Fausto spielt den Don Juan, und Moraldo hat eine Schwester, Sandra, die Fausto eines Tages heiraten muss, weil sie ein Kind von ihm erwartet. So sieht sich Fausto gezwungen, eine Stellung anzunehmen. Nach wie vor ist er jedoch zum Leidwesen seiner jungen Frau auf Liebesabenteuer aus, und als er es auch bei der Frau seines Chefs Michele versucht, fliegt er aus der Firma. So kann er wieder zu den anderen Tagedieben stoßen. Ob eine Tracht Prügel, die ihm sein Vater schließlich verabreicht, fruchten wird, bleibt offen.
Der Spielfilm \"Die Müßiggänger\" ist Federico Fellinis drittes Werk; er brachte ihm gleich zu Anfang seiner Karriere spektakulären Erfolg und den \"Silbernen Löwen\" von Venedig ein. Der Badeort Pesaro spiegelt sicherlich viel vom Leben und Treiben in Fellinis Heimatstadt Rimini wider, und in Moraldo steckt natürlich auch ein Stück von ihm: Als einziger der fünf Freunde reist dieser schließlich nach Rom in ein neues Leben ab, während die anderen weiter flanieren, fabulieren und träumen. \"I Vitelloni\" heißt wörtlich übersetzt \"Die jungen Kälber\", und darin klingt bei aller ironisch-kritischen Distanz doch schon ein Moment des versöhnlichen Verständnisses für alles Menschlich-Allzumenschliche an, wie es im späteren Werk Fellinis immer mehr hervortritt.
Federico Fellini war als Drehbuchautor und Regieassistent an bekannten Filmen des Neorealismus beteiligt, z. B. an Rossellinis \"Rom, offene Stadt\" und \"Paisa\" (1945 und 1946). Auch die ersten Filme unter seiner eigenen Regie weisen noch neorealistische Züge auf, daneben zeigen sie aber bereits eine sehr subjektive, poetische Weltsicht, die seinen späteren Filmen ihre unverwechselbare Eigenart gibt. \"Die Müßiggänger\", 1953 entstanden, Fellinis dritter Film, ist ein bezeichnendes Beispiel für diese Periode des Übergangs in Fellinis Schaffen.
Die Handlung ist noch stark dem Neorealismus verpflichtet: Die Chronik vom ereignislosen Alltag von fünf Nichtstuern in der Kleinstadt Pesaro lässt durchaus Kritik erkennen an einer Gesellschaft, die solche \"Vitelloni\", was wörtlich übersetzt \"große Kälber\" bedeutet, möglich macht. Mehr noch: Diese Schilderung lässt keinen Zweifel daran, dass Müßiggang fast die einzige Form des Protestes ist, die jungen Männern bleibt, die sich dieser erstarrten Kleinbürgerwelt nicht widerstandslos anpassen wollen. Nur für Moraldo, der sich im Gegensatz zu seinen Freunden der Schäbigkeit dieses Lebens bewusst ist, gibt es noch eine Lösung: Er verlässt Pesaro für immer.
Diese kritische Intention wird von Fellini nicht mit der hier vorgetragenen Deutlichkeit ausgesprochen. Vielmehr beschwört Fellini, der Episoden aus seiner eigenen Jugend in den Film eingearbeitet hat, die Schönheit einer ausweglosen Situation. Die Freunde stehen am Meer, es ist Herbst, der Badestrand liegt verlassen. Sie schweigen. Hier manifestiert sich eine fast Tschechowsche Melancholie, die den Neorealismus in persönlicher Weise transzendiert und damit dem Film jegliche Schärfe nimmt.